Der ESM für NICHT-Euro-Staaten: Blanko-Scheck mit unbegrenztem Machtrahmen

Mit dem ESM für NICHT-Euro-Staaten testet die EU ihre Methode zur Machterweiterung aus. Was ihr die Nationalstaaten nicht an Entscheidungskompetenz übertragen haben, nimmt sie sich einfach. Dafür hat sie sich im Lissabon-Vertrag einen Blanko-Scheck ausgestellt.

Fast unbemerkt baut die EU-Kommission an den nationalen Parlamenten vorbei einen Fonds zur Schuldenfinanzierung von Staatshaushalten auf. Sie nutzt einen Ermächtigungsparagraphen im Lissabon-Vertrag um das ausdrückliche Verschuldungsverbot auszuhebeln. So werden nun auch NICHT-Euro-Staaten “finanziert”. Der Schatten-ESM steht allen offen und wird von denen bezahlt, die in Europa noch etwas leisten. Damit verstößt der Schatten-ESM nicht nur gegen die Regeln guten Wirtschaftens, sondern auch gegen die Rechtsstaatlichkeit.

Artikel 352 ‒ Der Türöffner

Die EU ist das Gegenteil eines Rechtsstaats. Warum? Erstens ist sie (noch) kein richtiger Staat, sondern ein bastardisiertes Zwischending. Aber mit dem Recht hat sie überhaupt nichts zu schaffen. Rechtsstaatlichkeit herrscht, wo die staatliche Macht über die Bürger, ihr Leben und Eigentum durch die Verfassung begrenzt wird. Der “Lissabon-Vertrag” AEUV, die quasi-Verfassung der EU, kehrt dieses Prinzip einfach um.

Er enthält kurz vor seinem Ende den Artikel 352, welcher besagt: „Erscheint ein Tätigwerden der Union … erforderlich, … und sind in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Rat… auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften.“

Kompetenzkompetenz

Diese Eurokraten-Sprache muss natürlich ins Deutsche übersetzt werden. Dann wird klar: “Wenn wir feststellen, dass uns die Rechte fehlen, um in bestimmte Bereich hinein zu regieren, schlägt die Kommission die Bestimmungen vor, der Rat erlässt sie und das Parlament darf abnicken.” Die Vorschriften enden stets mit folgendem Satz: “Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.” Das erinnert, wer Herr im europäischen Haus ist: Die Räte und die Kommissare. Sie haben die Kompetenz sich weitere Kompetenzen anzumaßen; die sog. Kompetenzkompetenz. Damit ist die Exekutive befreit von jeder verfassungsgemäßen Beschränkung und jeder wirksamen parlamentarischen Kontrolle.

Und ist es auch Wahnsinn…

Seltsam, nicht wahr? Die Exekutivbehörden und Gremien der EU arbeiten geltende Gesetze für alle Mitgliedsstaaten und kein Parlament kommt bei der Ausarbeitung zum Zuge. Die Zustimmung des EU-”Parlaments” wird zwar vorgesehen. Aber kein ordentlich legitimiertes Parlament gestaltet jemals an diesen Texten mit Gesetzeskraft mit.

… so hat es doch Methode

Der Euro ist durch unfähige Regierungen und gierige Bänker gemeinsam schon so weit zu Grunde gerichtet worden, dass Polen lieber den Zloty behält. Obwohl die Krisenspirale sich immer weiter dreht, bohrt man nun einen zwischenstaatlichen Schuldenschirm zum Schatten-ESM auf, um Transfers zwischen allen Mitgliedsstaaten zu ermöglichen. Eigentlich verstößt das gegen das Verschuldungsverbot. Aber da benutzen die Eurokraten eben jenen Gummiparagraphen Artikel 352 aus dem AEUV. Sie geben sich die Kompetenz mit einer neuen weitreichenden Verordnungsänderung einen Fonds aufzulegen, in den die solideren Staaten einzahlen, damit die noch schlechter regierten Länder “Kreditlinien” erhalten können. Aus der theoretisch verbotenen Staatsverschuldung wird praktisch erlaubte Überschuldung gemacht. Es geht gemeinsam und gleichgemacht dem Abgrund entgegen.